Diese 12 zentralen Informationen sollte jeder haben bevor er sich auf das Abenteuer Chinesisch einläßt.

Wer erstmalig ernsthaft mit der chinesischen Sprache konfrontiert wird, sieht sich fast unweigerlich einer Mischung aus Faszination des Fremd(artig)en und einer Verunsicherung durch das Andersartige gegenüber. Um die Faszination zu fördern und die Verunsicherung abzumildern, werden in diesem Beitrag einige Beobachtungen über die chinesische Sprache präsentiert, auf die man als Lernender stoßen wird.

Es sind großenteils Trivialitäten, die einem auch zeigen sollen, dass das Chinesische gar nicht so sehr anders ist, als das Deutsche. Es wäre zu hoffen, dass der eine oder andere Lernende ermutigt wird, sich auf das Abenteuer Chinesisch zuversichtlicher einzulassen, wenn er weiß, was ihn/sie erwartet.

Überwiegende Erkenntnis ist fast immer, dass die Schwierigkeiten, denen man begegnet, eine Frage der Gewohnheit sind. Je mehr und je regelmäßiger man sich selbst dem Unbekannten und Neuen exponiert, desto schneller verliert es alles, was einen davon abhalten könnte, tiefer einzutauchen und diese faszinierende Sprache zu erkunden.

Durch Vergleiche mit anderen Sprachen sollen die Unterschiede, wie auch Gemeinsamkeiten bewusst gemacht und zum Nachdenken angeregt werden.

1.Chinesische Schriftzeichen sind mehr oder weniger intuitiv.

Einige Schriftzeichen repräsentieren eine Idee, die sich auf den ersten Blick erschließt. Die Mitte lässt sich kaum besser darstellen, als ein Strich, der genau durch die Mitte eines Körpers geht (中). Viele elektrische Geräte bedürfen zum Betrieb eines Stromanschlusses. Was liegt also näher, als für Elektrizität ein Schriftzeichen „mit Kabel“ (电) zu verwenden? Der Gedanke an einen Blick aus dem Fenster bei heftigem Regen erschließt sich ebenso leicht (雨). Ein lachendes Gesicht mit Mund und Nase und mit zusammengekniffenen Augen (笑) lässt sich genauso gut merken und wieder erkennen, wie ein weinendes Gesicht mit weit aufgerissenen Augen und einer Träne (哭).

Als Kind beginnt man beim Schreibenlernen meist mit den Ziffern. Gerade sie, die für uns ein Erbe aus der arabischen Sprache darstellen, sind besonders unintuitiv. Wer könnte auf Anhieb erkennen, dass „1“ eine eins, „2“ eine zwei, „3“ eine drei usw. ist, wenn er es nicht so auswendig gelernt hätte. Schon die römischen Ziffern beförderten ihre Bedeutung sehr viel offensichtlicher (I, II, III), und von den chinesischen (ersten drei) Ziffern kann man dasselbe sagen (一, 二, 三). Man muss dazu die römischen Ziffern nur um 90 Grad drehen. Eine Drehung um 45 Grad stellt eine Verbindung zwischen den beiden Zeichen für zehn her: X und 十.

Es ist sicher eine gute Idee, den jeweiligen Schriftzeichen eine nahe liegende Bedeutung zuzuordnen, um sie sich einzuprägen.

2. Viele Laute der chinesischen Sprache klingen mehr oder weniger gleich.

In der Tat gibt es viele (für deutsche Ohren) ähnlich klingende Worte in der chinesischen Sprache. Das ist eine Folge der Tatsache, dass es viele Laute, die wir in unserer Sprache gewohnt sind, im Chinesischen nicht gibt. (Fast) alle Worte beginnen hier mit einem Konsonanten, direkt gefolgt von einem oder mehreren Vokalen. Die einzigen Ausnahmen stellen Worte dar, die zusätzlich auf „n“ oder „ng“ enden. Dadurch ist die Auswahl an Lauten sehr viel eingeschränkter, und viele von ihnen werden für unterschiedliche Konzepte verwendet.

Um mit diesem reduzierten Vorrat an Lauten dennoch denselben Umfang an Ideen ausdrücken zu können, bedient sich die chinesische Sprache der Töne, mit deren Hilfe Worte in unterschiedliche Tonhöhen (hoch, ansteigend, fallend und steigend, fallend) ausgesprochen werden. Dafür muss man als Lernender erst ein Gehör entwickeln, denn diese Unterscheidung gibt es im Deutschen nicht mit derselben Zielsetzung. Töne sind vergleichbar mit der Angewohnheit in unserer Sprache, am Ende einer Frage die Stimme anzuheben (vergleiche: „Er ist gegangen.“ (Aussage) mit „Er ist gegangen?“ (Frage)). Die Auswahl verschiedener Tonhöhen betrifft im Chinesischen allerdings nicht nur das Satzende, sondern jedes einzelne Wort.

3. Die chinesische Grammatik ist vergleichsweise einfach.

Das ist oft die größte Überraschung, der man beim Chinesisch Lernen begegnet. Im Vergleich zu Englisch und insbesondere im Vergleich zu Deutsch könnte man fast versucht sein, zu sagen, es gäbe keine Grammatik. Das stimmt natürlich nicht, denn auch die chinesische Sprache folgt gewissen Regeln, aber im Vergleich zum Deutschen sind diese viel einfacher.

Die Reihenfolge der einzelnen Komponenten eines Satzes folgt weitgehend denselben Regeln wie bei indoeuropäischen Sprachen: Subjekt – Prädikat – Objekt.

– Es gibt keine Artikel (der, die, das).

– Es gibt keine Deklination (der Mann, des Mannes, dem Mann, den Mann).

– Es gibt keine Konjugation (ich bin, du bist, er/sie/es ist, wir sind, ihr seid, sie sind).

– Es gibt keine unregelmäßigen Verben (essen, aß, gegessen).

– Die Zeit wird nicht durch eine Modifikation des Verbs (ich gehe, ich ging, ich bin gegangen) ausgedrückt, sondern gegebenenfalls durch eine Zeitangabe (昨天 „gestern“, 现在 „jetzt“, 明年 „nächstes Jahr“).

– Bis auf wenige Ausnahmen (zum Beispiel 朋友们, wo an das Nomen 朋友 „Freund“ zur Pluralmarkierung das Zeichen 们 angehängt wird) gibt es keine Unterscheidung zwischen Singular und Plural.

Es ist, als müsste man unveränderliche Bauklötzchen nur geeignet auswählen und in die richtige Reihenfolge bringen.

Spätestens, wenn man seinen chinesischen Freunden zuhört, wie sie mit den vielen oben aufgezählten Regeln der deutschen Sprache kämpfen, die sie aus ihrer Muttersprache nicht kennen, wird einem bewusst, wie viel Regelwerk wir beim Erlernen unserer eigenen Muttersprache unbewusst assimiliert haben.

Es soll aber auch nicht unerwähnt bleiben, dass es im Chinesischen tatsächlich auch Besonderheiten gibt, die Deutsch und Englisch nur sehr selten verwendet und die wir beim Chinesisch Lernen gezwungen sind, auswendig zu lernen.

Zahlwörter: Man kann im Deutschen zwar sagen, man äße „ein Brot“, und implizit wird man damit meist eine Scheibe Brot meinen. Um es genauer auszudrücken, müsste man aber „eine Scheibe Brot“ oder „einen Laib Brot“ sagen. Im Chinesischen ist die genaue Angabe ein Muss. 一书 ist unvollständig, und eine hervorragende Gelegenheit, sich sofort als 老外 zu outen. Jedes Substantiv hat ein (oder manchmal auch mehrere) zu ihm gehöriges Zahlwort, z. B. 一本书, 三只狗. Einzige Ausnahme: das Substantiv ist selbst ein Zahlwort (天 „Tag“, 年 „Jahr“).

二 und 两: Es ist dem Deutschen zwar nicht ganz fremd, zwei verschiedene Begriffe für „zwei“ (vergleiche: „alle zwei“ und „alle beide“) zur Verfügung zu haben, aber im Chinesischen ist klar vorgegeben, wann welches von beiden zu verwenden ist.

Hierarchien: Chinesisch ist eine ausgesprochen logische Sprache.

Sowohl bei räumlichen (Adressen), als auch bei zeitlichen (Datum, Uhrzeit) Angaben gibt es eine festgelegte Reihenfolge: vom Großen zum Kleinen. Für räumliche Angaben heißt das (unter Verwendung deutscher Begriffe): Land, Bundesland, Stadt, Straße, Hausnummer.

Bei zeitlichen Angaben: Jahr, Monat, Tag, Tageszeit, Stunde, Minute. Diese Strategie hat auch noch einen positiven Nebeneffekt: benennt man Dateien auf dem Computer (z. B. E-Mails) mit dem Datum und folgt der chinesischen Reihenfolge, dann werden die Dateien im Inhaltsverzeichnis auch chronologisch aufgelistet.

4. Man kann sein Vokabular schrittweise erweitern.

Sicher erleichtert ein umfangreiches Vokabular das Verständnis, aber für die ersten Schritte reichen auch schon wenige Schriftzeichen. Es gibt für Lernende auch Bücher, die sich bewusst auf die 300, 500, 750 etc. gebräuchlichsten Schriftzeichen beschränken und die schon nach kurzer Zeit – auch ohne Zuhilfenahme eines Wörterbuchs – gelesen und verstanden werden können.

5. Nicht jedes Schriftzeichen ist ein Wort.

Es gibt tatsächlich einzelne Schriftzeichen, die einen Begriff oder eine Idee verkörpern (天 für „Tag“ oder „Himmel“, 车 für „Wagen, Auto“), die auch einem deutschen Wort entspricht. Oft sind es aber Kombinationen aus (meist) zwei oder mehr Schriftzeichen, die im deutschen mit einem Wort ausgedrückt werden (天气 für „Wetter“, wörtlich „Himmelsatem“, 火车 für „Zug“, wörtlich „Feuerwagen“).

6. Es gibt keine Leerzeichen.

Das Auffinden der Begriffsgrenzen beim Lesen erfordert etwas Übung, aber da meist nicht jedes Pärchen (oder Tripel) Sinn macht, lassen sich die passenden Kombinationen leicht identifizieren. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass man sich beim Schreiben auch keine Gedanken darüber zu machen braucht, wo man ein Wort trennt, um einen Zeilenumbruch einzufügen.

7. Es gibt Schriftzeichen, die kontextabhängig unterschiedlich ausgesprochen werden.

Aus dem Zusammenhang ist fast immer offensichtlich, ob man ein le (了) oder ein liao wie in „bu liao“ (不了), ein hang wie in „yinhang“ (银行) oder ein xing wie in „hai xing“ (还行), ein le wie in „kuaile“ (快乐) oder ein yue wie in „yinyue“ (音乐) vor sich hat.

Auch im Deutschen gibt es Worte, die identisch geschrieben, kontextabhängig aber unterschiedlich ausgesprochen, d. h. betont, werden. Man denke an „übersetzen“:

– Ich möchte an dieser Stelle übersetzen (über den Fluss), mit Betonung auf der ersten Silbe

– Ich muss diesen Text übersetzen, mit Betonung auf der zweiten Worthälfte

8. Viele Schriftzeichen sehen sich ähnlich, und es erfordert ein bisschen Übung, sie zu unterscheiden

Wenn man als Kind Lesen lernt, dann bekommt man von den Erwachsenen meist Bücher geschenkt, in denen die Schrift mit besonders großen Buchstaben gedruckt ist. Während man anfangs eine Zeitung noch nicht lesen kann, gelingt das Lesen eines solchen Buches recht gut.

Genauso ist es mit chinesischen Schriftzeichen. Hat man Mühe, 我 und 找, 衣 und 农, 爱 und 爰 zu unterscheiden, hilft meist eine größere Schrift (oder eine Lupe).

9. Chinesisch enthält Laute, die man erst erlernen muss.

Auch hier ist es eine Frage der Übung, wie leicht es einem gelingt, den passenden Laut zu artikulieren.

Chinesen haben anfangs dieselbe Schwierigkeit, einen Unterschied zwischen „schon“ und „schön“ zu hören, wie wir uns mit den verschiedenen chinesischen Tönen schwer tun. Wir alle hatten bisher keine Notwendigkeit, diese Feinheiten akustisch zu unterscheiden. Bewusstes, wiederholtes Zuhören kann das Hörvermögen schulen.

Zum Erlernen der korrekten Aussprache braucht man eine(n) strenge(n) Lehrer(in), die einem signalisiert, inwieweit die soeben gemachte Lautäußerung einem erkennbaren chinesischen Wort nahe kommt.

10. Man sieht einem Schriftzeichen zunächst nicht an, wie es ausgesprochen wird.

Das sollte für Deutsche nichts neues sein. Oder woran sieht man einer „1“ an, dass man sie als „eins“ ausspricht? Oder „2“ und „zwei“? Oder „3“ und „drei“? Chinesische Schriftzeichen sind teilweise damit vergleichbar.

– Schriftzeichen bestehen aus zwei Teilen. Einer davon transportiert Information zur Aussprache, der andere Information zur Bedeutung. Je mehr Schriftzeichen man schon kennen gelernt hat, desto leichter fällt es einem, die Aussprache eines neuen Schriftzeichens zu „erraten“.

– Investiert man viel Zeit in das Lesen chinesischer Texte, bekommt man im Laufe der Zeit „einen Blick“ für die mögliche Aussprache eines unbekannten Zeichens.

11. Viele verschiedene Schriftzeichen haben dieselbe Aussprache.

Im Zuge des Übergangs von traditionellen zu vereinfachten Schriftzeichen (auf dem Festland) wurden vielfach unterschiedliche Schriftzeichen mit derselben Aussprache auf ein einziges neues Schriftzeichen zusammengeführt. Dadurch wurde die Erfordernis, einen Begriff aufgrund des Kontextes zu identifizieren, weiter verschärft.

Es handelt sich hier aber um ein Problem, das auch im Deutschen existiert. Viele Deutsch-Muttersprachler haben Probleme, das und dass, viel und fiel, seid und seit zu unterscheiden, obwohl es eindeutige Regeln gibt, wann welches Wort zu verwenden ist. Im Englischen existiert dieses Problem genauso (there und their, you und ewe, whether und weather).

12. Es gibt Verben, die durch ein Objekt getrennt werden, und solche, die nicht getrennt werden.

Dieses Phänomen gibt es auch im Deutschen.

Aus „umarbeiten“ wird: „Ich arbeite den Text um“. Aber „bearbeiten“ bleibt: „Ich bearbeite den Text“. Etwas vergleichbares gibt es auch im Chinesischen. Aus 帮忙 „helfen“ wird 帮你忙, „dir helfen“, aber 帮助 „helfen“ oder auch „Hilfe“ bleibt 帮助你 „dir helfen“.

Man sieht also, dass einem viele Probleme, auf die man beim Erlernen der chinesischen Sprache trifft, nicht neu sein sollten. Sie waren einem bisher nur im Deutschen nicht bewusst, weil man in der Muttersprache von Anfang an mit ihnen vertraut war. Beim Erlernen einer neuen Sprache ist es zunächst notwendig, die neuen Regeln zu erlernen, bevor sie sich durch wiederholte Anwendung mehr und mehr im „Unterbewusstsein“ verankern.

Abschließend sollen noch ein paar Hilfsmittel erwähnt werden, die einem beim Lernen helfen können. Keines davon ist alleine geeignet, eine neue Sprache fließend zu erlernen, und nicht jedes Hilfsmittel ist für jeden das passende. Interessierte sollten vielmehr für sich selber – vielleicht durch Ausprobieren – herauszufinden versuchen, was ihnen am meisten hilft und das Lernen befördert.

– Anhaltende Neugierde und Spaß an der neuen Sprache ist unentbehrlich. Durch das Nachschlagen erstmalig gelesener oder im Gespräch gehörter Wörter im Wörterbuch kann man sein Vokabular „im Vorübergehen“ erweitern.

– Vokabelkärtchen, die auf einer Seite einen Begriff in der Fremdsprache, auf der anderen Seite in der Muttersprache tragen, können bequem unterwegs zum Wiederholen verwendet werden. So etwas gibt es auch als App für das Mobiltelefon.

– Viele Fernsehsendungen enthalten zusätzlich zur chinesischen Synchronisation auch chinesische Untertitel. Das hilft, das optisch wahrgenommene Schriftzeichen mit seinem akustischen Korrelat in Verbindung zu bringen. Anders als mit Vokabelkärtchen erlernt man damit auch den Kontext, in dem ein Wort eingesetzt werden kann.

– Chinesischsprachige Hörbücher (z. B. Goethe und Heine von www.oxo-audio.de) erleichtern das Training des Gehörs. Ein Nachteil dabei ist, dass man nicht gleichzeitig das Schriftzeichen sieht. Von Vorteil ist, dass man Zuhören auch parallel zu einer anderen Tätigkeit (Bügeln, Waschen, Kochen) durchführen kann.

– Der Aufbau von Freundschaften mit Menschen, die die neu zu erlernende Sprache als Muttersprache haben, erlaubt einem nicht nur, den Lernstoff aus erster Hand präsentiert zu bekommen, sondern eröffnet einem auch die Möglichkeit, Einblicke in die (noch) fremde Kultur, Denk- und Lebensweise zu gewinnen. Als gemeinsame Unternehmungen bieten sich Museumsbesuche, Volks- und Altstadtfeste, Kirchweihen, Bardentreffen, Spielabende, gemeinsames Kochen und Essen, und, und, und … an. (Quelle: China Heute)

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