Wieviel Bio ist in Chinas Lebensmittel ?

Bioprodukte erleben derzeit einen ernstzunehmenden Boom in China. Die immer wiederkehrenden Lebensmittelskandale der letzten Jahre führten zu einem starken Mistrauen der Chinesischen Bevölkerung gegenüber der einheimischen Lebensmittelproduktion. Auf der Suche nach Alternativen, wenden sich immer mehr Konsumenten den Bio-Lebensmitteln zu.

Rund um Großstädte wie Beijing und Shanghai entstanden in den letzten Jahren vermehrt nachhaltig-geführte Bauernhöfe, die GroßstädterInnen mit frischem Obst und Gemüse versorgen und kleine Felder zum eigenen bewirtschaften verpachten. Doch auch die Bio-Lebensmittel-Branche hat mit der Glaubwürdigkeit zu kämpfen. Während nun die Regierung die strengsten Biogesetze der Welt verabschiedet hat, verkaufen viele Bauern ihre „Bioerzeugnisse“ ohne Zertifizierung.

Kunden Bio Produkte China

Das Vertrauen in Zertifikate sei zu gering und der Prozess zu teuer, erklärte eine Mitarbeiterin des Little Donkey „Bio“-Bauernhofs im Norden Beijings. Jährlich würde jedoch Boden- und Wasserqualität überprüft werden. Das Vertrauen soll über die aktive Teilnahme generiert werden – und es scheint zu funktionieren. Schließlich lassen sich mehrere tausend Mitglieder wöchentlich mit saisonalem Obst und Gemüse beliefern. Eine Mitgliedschaft kostet umgerechnet zwischen 215 bis 425 Euro jährlich und beinhaltet mindestens eine wöchentliche Lieferung von vier Kilo Obst und Gemüse. Gegen einen Aufpreis gibt es auch frisches Fleisch oder Eier.

Durch den weltweiten Bio-Boom der letzten Jahrzehnte, speziell in den westlichen Ländern, schöpften Anfang der 1990er chinesische Staatsbetriebe einen weiteren potenziellen Absatzmarkt und fingen an Bioerzeugnisse für den Export zu fördern. Seit 2000 stieg die Fläche für den Biolandanbau von 4.000 Hektar zu 1.3 Millionen Hektar in 2013 – etwa 1% von der gesamt verfügbaren landwirtschaftlichen Fläche Chinas. Zu den absatzstärksten Produkten zählen Reis, Tee und Ingwer.

Exportiert wird hauptsächlich in die USA, nach Europa und Japan. Aber auch Deutschland ist ein wichtiger Handelspartner für Bio-Lebensmittel. Während Bioprodukte aus China bei den Deutschen Konsumenten noch oft auf Skepsis stößt, werden sie vor allem zur Weiterverarbeitung nach Deutschland exportiert. So ist es oft für den Konsumenten schwer ersichtlich, woher die einzelnen Zutaten eines Produktes genau kommen.

Derzeit stehen die geringen Produktionskosten noch im Vordergrund der Handelsbeziehungen. Jedoch werden sich die Kosten mit steigendem Einkommen und Nachfrage für Bioerzeugnisse innerhalb Chinas erhöhen. Auch wenn der Export mit €220 Millionen in 2013 noch immer der wichtigste Absatzmarkt für die Bioprodukte, der inländische Absatz nimmt an Bedeutung zu.

Bereits in 2013 erreichte die Branche innerhalb Chinas einen Rekordabsatzwert von 2,38 Mrd. Euro, Prognosen gehen von einem weiteren Wachstum von 30 bis 50 Prozent in den nächsten Jahren sowie eines heimischen Verkaufserlös von bis zu 7,2 Mrd. Euro in 2015 aus.

Bio Kleinbauer Bioregionen Südchinas

Ökologisch erzeugte Lebensmittel in China werden vor allem von Frauen gekauft, besonders während der Schwangerschaft und für die gesunde und sichere Ernährung von Kleinkindern.

Aufgrund der hohen Preise der Bioprodukte werden sie aber besonders gern als Geschenke, zum Beispiel jetzt zum chinesischen Frühlingsfest, dem wichtigsten Fest des Jahres, verschenkt. Firmen spielen hier ebenso eine große Rolle, wie Großeltern, die ihren Kindern eine Freude bereiten möchten.

Ein Großteil der Bioprodukte wird derzeit vor allem über das Internet bestellt. Dort sind die Erzeugnisse meist günstiger, da sie Distributoren ausschalten können und Ladenkosten wegfallen. Aber auch große Supermarktketten wie Carrefour, Walmart oder Tesco bieten zum Teil Ihre eigens zertifizierten Bioprodukte an.

In Beijing und anderen Großstädten gibt es mittlerweile Bio-Bauernmärkte, die nicht nur von Ausländern gut angenommen werden. Die Nachfrage ist so rasant angestiegen, dass Lieferungen oft gar nicht nachkommen. So bezahlen in der Regel Biofirmen die Bauern, damit sie zum Biolandbau wechseln, ohne weitere Kosten auf sich zu nehmen.

Der Wandel zu einer nachhaltigen Landwirtschaft ist langsam spürbar. Auch wenn die chinesische Agrarpolitik derzeit vor allem die Förderung der Gentechnik und die Stärkung der Großbauern im Blick hat, nimmt der zivile Druck für sichere und umweltfreundlich produzierte Lebensmittel sichtbar zu.

Über die Autorin:

Friederike Martin hat an der Humboldt Universität zu Berlin und an der China Agricultural University Agrarwissenschaften studiert und sich auf Biolandbau in China spezialisiert.

22.6.2015

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