Zerstörte Ai-Weiwei-Vase in Miami – rock bottom.

Der zerbrochene Krug
Zerstörte Ai-Weiwei-Vase in Miami

Die „Colored Vases“ von Ai Weiwei im Pérez Art Museum Miami: Da waren es nur noch 15.

Im Pérez Art Museum Miami zertrümmert ein lokaler Künstler eine Vase von Ai Weiwei. Eine Aktion ikonoklastischer Qualität, brachialer Humor oder heroische Protestaktion? Leider nein – es handelt sich um den destruktiven Akt eines dämlichen Neiders.

Tja, der Kontext . . . Eigentlich hat Ai Weiwei ja mal haargenau dasselbe gemacht: hat sich hingestellt, eine wertvolle Vase hochgehoben und sie auf den Boden fallen lassen. „Dropping a Han Dynasty Urn“ heißt das aus dieser Aktion entstandene Kunstwerk, ein fotografisches Triptychon, das den vandalischen Akt festhält und das momentan im Pérez Art Museum Miami gezeigt wird.

Vor den drei Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Jahr 1995 haben die Kuratoren, passend dazu, „Colored Vases“ drapiert, 16 neolithische Vasen, die von Ai Weiwei zwar nicht zerstört, aber in so billige wie grelle Farbe getaucht wurden und die nun ebenfalls die prinzipielle Frage nach der Wertigkeit solcher Artefakte stellen. Nach dem Verhältnis von Kunst und Kommerz. Wahrscheinlich kommentieren sie auch den gewaltigen Clash von Ost und West und die Zerstörung alter Kulturen durch westlichen Plastikpop. 15 der Vasen stellen weiterhin all diese Fragen. Die 16. aber gibt es nun nicht mehr.

Auftritt Maximo Caminero. Der 52-Jährige kam am Sonntagnachmittag in das Museum in Miami, nahm eine der Vasen, hob sie hoch, hielt kurz inne und ließ sie fallen. Dann blieb er bewegungslos stehen, die Arme ausgebreitet – und ließ sich inmitten der Scherben festnehmen.

Für den Moment, in dem er stumm dastand und auf seine Verhaftung wartete, möchte man der Aktion ikonoklastische Qualität zusprechen. Vielleicht auch dem Mann brachialen Humor attestieren. Leider machte Maximo Caminero dann aber den Mund auf: Er sei Künstler, sagte er. Das Ganze sei eine Art heroischer Opfergang für all seine provinziellen Kollegen: „Ich tat es für die Künstler aus Miami, die nie hier gezeigt werden. Wir alle zahlen Steuern. Das PAMM hat 200 Millionen aus öffentlichen Geldern für seinen neuen Bau investiert und eröffnet ihn mit Ai Weiweis Werken, nur um Aufmerksamkeit zu bekommen und dabei, wie immer, lokale Künstler zu ignorieren.“
Der destruktive Akt eines neidischen Steuerzahlers

So schrumpft die Aktion zusammen auf den destruktiven Akt eines neidischen Steuerzahlers – der außerdem noch ziemlich dämlich zu sein scheint: Caminero wurde angezeigt, ihm drohen fünf Jahre Haft. Diese Aussicht hat ihn nicht so geschockt wie die Tatsache, dass die Vase eine Million Dollar wert ist. „Wirklich?“, sagte er. „Ich dachte, das sind Tontöpfe aus dem Supermarkt.“

Ai Weiwei, der bekannt ist für seinen grimmigen Humor, hatte entsprechend wenig übrig für die Aktion. „Man kann diese Tat nicht vergleichen mit meinem Werk. Ich habe damals schließlich nicht das Eigentum eines Anderen zerstört. Aber vielleicht kommen jetzt immerhin mehr Besucher in die Ausstellung.“

Schaut man sich übrigens im Netz die Werke von Maximo Caminero an, kann man nur hoffen, dass die Kuratoren von Miami weiterhin eine strenge Tür machen und seine Sachen außen vor lassen.

 

Von Alex Rühle

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